01.11.2025 Mistelfest

Ich war am 01.11.2025 beim zweiten Mistelfest in Hofheim am Taunus auch wieder dabei.

Wie bereits letztes Jahr war ich auch am 01.11.2025 erneut ein Teil des
Mistelfestes in Hofheim am Taunus. Das Wetter war uns dieses Jahr nicht
wirklich hold, aber das schöne Zelt mit den Strohballen war wieder sehr
angenehm.
Dieses Mal war ich nicht im Hof des Gemeinschaftszentrums, sondern auf der
Hauptstraße direkt neben dem Stand mit den Schaffellen ... inklusive Schafen.
Und zwei zwei Wochen alten Lämmchen! Die waren so süß! Und da es noch eine
Weile bis zu meiner ersten Lesezeit war und noch nicht so viele Besucher da
waren, durfte ich die Kleinen auch ein bisschen kuscheln.
Sie waren so neugierig und natürlich sowohl nähebedürftig als auch hungrig.
Meine Finger wurden sehr besaugt. Es war durchaus ein Erlebnis.

Erneut hatte ich drei feste Lesungszeiten und ergänzte diese nach Bedarf.
Der Anfang war recht holprig und als meine Vorlesezeit war, hatte sich noch
nicht wirklich jemand eingefunden. Nur ein anderer Schausteller stand bei mir
und wir redeten etwas über die Märchen. Und da noch niemand anderes da war
und meine Lesezeit war, ließ ich ihn ein Märchen aussuchen. Seine Wahl fiel
auf "Die Scherbensammlerin". Ein Märchen, das eher für Erwachsene geeignet ist,
da es sich mit Trauer und Verlust auseinandersetzt und kein gewöhnliches
Happy End bietet. Eher ein bittersüßes Ende. Als ich so las, kam natürlich
so die eine oder andere Person mit dazu. Darunter auch recht junge Kinder,
die natürlich gerade da kamen, als der Ehemann starb. Ich schluckte kurz.
Und dann entschied ich mich, dass der Tod zum Leben gehört und Kinder damit
so viel besser umgehen können, als man ihnen es zutrauen mag. Viel zu oft
werden Kinder nur dann verunsichert, wenn sie mitbekommen, dass die Erwachsenen
komisch umherdrucksen. Also las ich einfach weiter und tatsächlich kamen die
Kinder meinem Eindruck nach extrem gut mit dem Märchen klar.

Direkt danach las ich dann "Die kleine Tänzerin", sodass auch die Kinder
auf ihre Kosten kamen. Eines der Mädchen bei dieser Lesung war bereits beim
letzten Jahr Dauergast in meinem Zelt gewesen. Sie hörte gerne wieder zu und
erkannte das Märchen noch von damals. Das war sehr schön.
Als nächstes las ich "Der Wunderbaum". Die Kinder saßen gerne bei mir
und hörten aufmerksam zu. Und auch die Erwachsenen, die ihre Kids begleiteten,
bekamen so wunderschön träumerische Augen.

Leider begann es dann auch bald zu Regnen. Das Zelt war zwar trocken, aber
ich musste meine Bücherauslage von Außen nach Innen zurückziehen und saß selbst
auch im Inneren des Zeltes, statt draußen zu stehen. Ich bin mir gar nicht
sicher, ob das dem Besucheransturm meines Zeltes jetzt gut getan hat oder
eher nicht. Auf der einen Seite war ich nicht mehr präsent, um bereits draußen
Fragen zu beantworten und es war schwerer ins Gespräch zu kommen. Auf der
anderen Seite brachte nun die Neugierde die Leute dazu, ins Zelt zu schauen
und ich habe schon mehrfach festgestellt, dass eine Person direkt vor einem Ort
viel zu oft abschreckend wirkt. Aber ob es jetzt gut war oder nicht, so hatte
ich doch schöne Begegnungen.

Die nächste Lesung war mit vielen Erwachsenen Frauen. Da sie alle ein bisschen
sehnsuchtsvoll wirkten, fiel meine Wahl auf "Das Spiegelmädchen" und auch hier
hatte ich den Eindruck, dass es gut ankam.
Das nächste Märchen war "Der zauberhafte Silbersee" und das Zelt war zum Bersten
gefüllt mit Kindern und Erwachsenen. Das war ein schönes Gefühl.

Nun war ich mit meinen Lesungsterminen durch. Aber als eine Mutter mit ihrer
Tochter ins Zelt kam, las ich noch "Die schlaflose Prinzessin" und es war
wie für die beiden gemacht. Es war so offensichtlich, die Mutter ihr Kind liebt
und sie schmuste ihre Kleine, so wie es in der Geschichte vorkam.

Nun war es schon spät, dunkel und nicht weniger verregnet. Trotzdem fand
sich noch eine Gruppe in meinem Zelt ein. Nur Erwachsene. Es war wunderbar!
Ich liebe es zweifelsohne, Kindern meine Märchen vorzulesen. Aber wenn ich
Erwachsenen vorlese, die sich auf einer ganz anderen Ebene mit meinen
Geschichten und der dahinterstehenden Symbolik befassen können, ist es einfach
noch mal ein ganz anderes Erlebnis. Nicht besser oder schlechter, anders.
Und wunderschön.
Meine Geschichten sind und bleiben halt Erwachsenenmärchen. Kinder finden auch
Zugang und können es sehr genießen. Aber jedes Mal, wenn jemand bei mir vorbei
kommt und meint "Ah, Märchen. Da werden sich die Kinder freuen", macht mich das
etwas traurig. Das Label "Märchen sind für Kinder" schadet meiner Meinung nach
allen. Um so schöner ist es, Erwachsenen zu begegnen, die sich
ohne zu zögern auf Märchen einlassen können und sich davon tief berühren lassen.
Das sind für mich sehr wertvolle Begegnungen.

Eine meiner intensivsten Begegnungen an diesem Tag war tatsächlich auch mit
einer erwachsenen Frau, die sich einlassen konnte. Als das Fest eigentlich
schon zu Ende war, entwickelte sich ein Gespräch und sie erwähnte den
starken, klaren Blick ihrer Großmutter. Da folgte ich meinem Impuls
und zeigte ihr "Der Mann mit den stahlblauen Augen".
Ich nutze bei meinen Märchen oft eigene Erfahrungen und Erlebnisse und
Momente des Wunderns. Aber dieses Märchen ist als Einziges eines, das recht
biographisch ist. Nicht für mich, sondern von meinem Großvater.
Es ist die Geschichte seines Lebens, die er während seiner Lebzeiten recht oft
erzählt hat. Eine faszinierende Geschichte von Stärke, Liebe und
Unerschütterlichkeit. So wie auch ein paar andere Märchen, die sich
sehr in die mögliche Schwere des Lebens lehnen und nicht standardmäßig
glücklich enden, halte ich dieses Märchen auf Märkten eher unter Verschluss,
bis ich Leuten begegne, bei denen ich den Eindruck habe, sie können damit
umgehen, dass ich dieses Märchen mit ihnen assoziiere. Das nicht nicht immer
gut. Aber wenn es passt, dann ist es ein wunderschöner Moment von Sichtbarkeit
und Verständnis. Als ich mich auf dem Mistelfest traute, war es so ein Moment.
Und ich denke, dass das eine der kostbarsten Begegnungen heute war.

Auf der anderen Seite waren die Begegnungen heute alle sehr schön und auch
sehr unterschiedlich. Die Zuhörer waren immer ganz unterschiedlich aber stets
zugänglich und wertschätzend. Es war wieder ein sehr schöner Tag und ich bin
froh, dass ich dort war - trotz des regnerischen Wetters ;-)

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