Über die Zeit habe ich mehrere Märchen geschrieben und drei mal dreizehn davon in voll illustrierten Bilderbücher veröffentlich. Um diese Bücher unter die Menschen zu bekommen, wollte ich mit ihnen auf Märkte gehen. Dies entwickelte nach und nach ein gewisses Eigenleben und umfasste bald auch Lesungen. Nun wollte ich aber mit meinem gesamten Auftreten eine gewisse Stimmung setzen, die auf die Bücher neugierig macht, und so schneiderte ich 2018 meine erste Märchengewandung. Dies trug sich fort und da es mir so unheimlichen Spaß machte, diese individuellen Gewandungen zusammen zu stellen, folgten noch viele weitere Gewandungen. Auf diese Gewandungen folgten dann Aquarelle der Kleider, die sich bei meinen Projekten finden. Hier möchte ich nun aber die geschneiderten Gewandungen – gesondert von meiner Schneiderei – nochmal ausführlicher präsentieren.
„Das Marktmädchen“ (2018)
Dieses Gewand war mein erstes und ist nach wie vor mein Liebling. Es ist bislang das komplexteste und hat die Meisten Schichten.
Ich wollte ein wallendes Kleid aus zurückhaltend-erdigen Farben, das bei jedem Schritt den Blick frei lässt auf mehrere Unterschichten. Dafür machte ich einen Überzug, der zwei Schlitze hat. Dadurch wirkt es schlicht und geschlossen, zeigt beim Schreiten aber die unteren Schichten.
Da dies mein erstes Kleid war und das Grundkonzept des Märchenverkaufs sich mit einem eher „mobilen“ Stand auseinandersetzte, habe ich hier auch einen Tragekorb für die Ansichtsexemplare und Hüfttaschen für die Verkaufsexemplare gefertigt.
Da dies mein erstes Märchenkleid war, trug ich es sowohl bei meinen ersten Auftritten in der Öffentlichkeit, als auch allgemein sehr häufig. Beispielsweise auf den Weihnachtsmärkten von Schloss Berlepsch (2018), Kassel (2018) und Hämelschenburg (2019). Und bei meinem Zeitungsinterview (2019).
„Das Ornamentkleid“ (2019)
Bei diesem Gewand wollte ich einen schlicht-pompösen Zweiteiler machen. Die meisten meiner Kleider hatten bis dahin mehrere Lagen, aber hier passte es nicht zu dem Konzept.
Die beiden verwendeten Stoffe hatte ich bereits vorher und es reitzte mich, mit den Ornamenten darauf zu arbeiten. Daher schließt sich das Kleid mit einem „Lappen“ über der Brust, der mit Perlen zugeknöpft wird. Das Kleid wird nach unten voluminöser und erzeugt damit einen edlen, sommerlich-lechten Eindruck. Die selbstgemachte Perlenkette vollendet das aparte Outfit.
Das Kleid ist recht luftig und daher ein wundervolles Sommergewand. Ich trug es auf dem Sommerfest des Tierparks Sababurg (2019).
„Grünes Kleid“ (2019)
Auch dieses Gewand sollte eher schlicht werden. Ein einfaches Marktkleid mit einer schicken Schnürung auf der Brust und einem langen, sich sanft mitbewegenden dunklen Gürtel.
Weiterhin ist der Rüschenkragen hervorzugeben, der dem Dekoltee schmeichelt. Und eine zusätzliche Besonderheit sind die von mir handgefertigten Ösen, durch die die Frontschnürung gefädelt wurde.
Das Kleid ist eher schlicht gehalten, aber erhält genau darüber seine reizvolle Eleganz. Zudem ist es ein sehr leichtes und weich fallendes Sommerkleid. Ein großer Vorteil ist die unkomplizierte Art des Designs, wodurch schnelle Kleidungswechsel begünstigt werden.
Dieses Kleid trug ich bei einer privaten Geburtsagslesung (2022)
„rotes Kleid“ (2023)
Ein eher ungewöhnliches Farbmuster für die Märchengewandungen ist diese Mischung aus Bordeaux und Rose. Durch den leichten Musselinstoff ist es ein sommerliches Gewand und für etwas kältere Tage verfügt das Outfit noch über eine Jacke, die entweder einen breiten Kragen oder eine Kapuze hat.
Beim Kauf von Musselinstoff reitzte mich der bordeauxrote und so entstand dieses Kleid. Ich stellte dann überrascht fest, dass ich noch Leder hatte, das farblich perfekt zum dunklen Rot des Überwurfes passt. Daraus wurde dann eine Corsage. Da es sich durch die natürlich ausgefransten Ränder des dünnen Leders anbot, endet sie unten sehr ungleichmäßig. Der Gürtel hängt mittig herab, was das Rot des Oberkleides ebenso über die gesamte Gewandung zieht, wie der dunkle Saum des Unterkleides. Die Jacke ist ein Kreis mit Ärmeln, wodurch sie über den Schultern gut fällt und auch als Kapuze getragen werden kann.
„Die Piratin“ (2019)
Bei diesem Kleid reitzte mich die Idee, einen langen Überwurf aus Kunstleder mit Schließen über der Brust zu machen. Auch hier wurden es mehrere Lagen, die sich an unterschiedlichen Stellen zu einem Kleid ergänzen.
Das fertige Design erinnerte an einen Piratenmantel, was den Spitznamen dieses Outfits begründete.
Diese Gewandung trug ich beispielsweise beim Kreativmarkt (2019) in Höxter, beim Kinderfest (2019) auf Schloss Berlepsch und bei der Lesung bei den Niederzwehrener Märchentagen (2022).
„Die Dunkle Fee“ (2019)
In der ursprünglichen Idee sollte dieses Gewand eher rubust, winterlich und dunkel wirken. Letztlich formte dies den Spitznamen dieses Kleides. Außerdem erfeute mich sehr, dass es hervorragend zu einer älteren Jacke (2016) passt.
Dieses Outfit ist sehr stufenhaft gearbeitet, wobei sich hellere und dunklere Eben abwechseln. Das helle Unterkleid bringt zusätzliche Leichtigkeit und setzt einen Gegenpol zum schweren Wollgeflecht.
Ich trug es zum Beispiel beim „Märchentag“ (2019) auf Schloss Berlepsch.
„Die Elfe“ (2019)
Dieses Gewand ist unglaublich leicht, fließend und zart. Der braune Stoff des Unterkleides war so weich, dass ich ihn auch für die Unterkleider anderer Gewandungen nutzte (Peach und grünes Kleid). Die Spitze ist nur auf der Vorderseite und schließt sich mit Knöpfen unter den Armen. Die am Unterkleid angebrachte Bauchschnürung bringt diese Spitze stilvoll in Form und der Gürtel verschwindet unter der Spitze. Da der Rücken aber eher schlicht ist, gibt es den Überwurf, der das Kleid wundervoll ergänzt.
Dieses Kleid trug ich unter anderem bei meinem ersten Märchendinner (2020) im daFranco. Denn es passte stimmungsmäßig am Besten zu dem vorgelesenen Märchen „Der Weg zu den Sternen„.
„Das Marmorkleid“ (2023)
Nachdem ich den marmorgemusterten Musselinstoff gefunden hatte, wollte ich ihn zu einem sommerlich-leichten Märchenkleid mit eher wenigen Lagen verarbeiten. Ich brauchte lange, um ein passendes Design und die dazugehörigen Stoffe zu finden. Letztlich hatte ich aber alles schon im Haus: Der weiße Stoff für das Unterkleid, das braune Leder für die Weste, das weiße Leder für den Gürtel und das braune Saumband für die Akzente.
Das Design war auch ziemlich knifflig: Vom Leder gab es nicht genug, sodass die Weste nicht bis zu den Knöcheln reichen konnte. Daher musste ich das Unterkleid hinzufügen, um den leichten Musselinstoff blickdichter zu machen. Und die Ärmel konnten – auch wegen Stoffmangel – nicht am Bruch geschnitten werden, wodurch sich das ungewöhnliche Ärmeldesign erklärt. Ich bin aber trotzdem durchaus zufrieden mit dem Ergebnis.
„braune Rüsche“ (2022)
Farblich in erdtönen gehalten hat dieses Kleid die Möglichkeit, schlicht oder rüschig getragen zu werden. Dies liegt an dem „Oberteil“, das über dem schlicht gehaltenen, ärmellosen Unterkleid getragen werden kann. An diesem sind sowohl der Kragen als auch beide Schichten der Ärmel befestigt.
Die Ärmel bestehen aus einem langen Teil in der Farbe des Unterkleides und geschlitzten, ellbogenlangen Ansätzen des Überzuges. Der Überzug hingegen hat eine leichte Verlängerung der Schultern, um über den Übergang zu den Ärmeln hinweg zu täuschen. Außerdem zieht das dunkle Saumband den Braunton der tief ausgeschnittenen Corsage über das gesamte Gewand.
Dieses Kleid war das erste, das von jemand anderem getragen wurde, als ich im Rahmen der Niederzwehrener Märchentage (2022) eine hilfreiche Begleitung an meiner Seite hatte.
„lila Kleid“ (2020)
Mit diesem etwas rustikaleren Gewand wollte ich ein Herbstkleid fertigen. Die erdigen, teilweise lilafarbenden Töne und der schwere Saum erzeugen den Eindruck von Stabilität und Gesetztheit. Außerdem wollte ich hier eine Unterbrustcorsage fertigen, die mit farblich passenden Knöpfen zugebunden wird.
Da das Unterkleid etwas zu kurz geworden war, fügte ich den schweren, lilafarbenden Saum an, dessen Stoff sich auch in der Gugel und in der Corsage wieder findet. Im Nachhinein muss ich sagen, dass es wirklich Vergnügen macht, diesen festen und volumengebenden Saum beim Gehen vor sich her zu schieben.
„Wasserblau“ (2020)
Als ich einen leicht transparenten, fließenden blauen Leinenstoff fand, wollte ich dieses blaue Gewand fertigen. Das Gewand verfügt über ein weiches, dunkelblaues Unterkleid und hat dann diesen mit Einsätzen voluminös gefertigten Leinenstoff. Ärmel und Kragen können über dieses Kleid gezogen werden. Der Überzug ist wieder aus steiferen Stoff, der mit Haken unsichtbar aneinander schließt und durch den breiten Gürtel gehalten wird.
„blaues Netzkleid“ (2023)
Ich fand einen interessanten Netzstoff, den ich mit bereits vorhandenen Stoffen kombinieren konnte, um ein komplexes und zugleich harmonisches blaues Kleid zusammen zu stellen. Ausgangspunkt war, dass ich ein fließendblaues Kleid mit einem Tellerrock haben wollte.
Das fertige Kleid ist nun ein harmonischer Zusammenschluss zwischen den einzelnen Schichten, die in Farbigkeit, Struktur und Eigenschaften unterschiedlich sind.
„Blaue Spitze“ (2021)
Dieses Kleid ging im Design größtenteils von den Spitzeneinsätzen aus. Ich hatte sie eigentlich mit einem farbgleichen Stoff kombinieren wollen, aber sie passten überaus gut zu dem hellblauen Mantelstoff mit den cremfarbenden Ornamentstickerein. Durch die Spitze entstand auch eine ganz besondere Art von Ärmeln.
Dieses Kleid kann mit oder ohne Unterrock getragen werden. Mit hat es den Vorteil, dass es ein bisschen mehr Volumen bekommt, wodurch die unterschiedlichen Schichten etwas besser hervorstecken.
„Blumen“ (2019)
Hierbei handelt es sich wieder um einen eher schlichten und sommerlichen Zweiteiler. Das blaue Unterkleid wird von einem Überwurf mit blauem Blumenmuster umflossen. Durch die wenigen Lagen, den luftigen Schnitt und die verwendeten Stoffe ist dieses Kleid gut für heißere Tage geeignet.
Da der Überwurf nur von einem Gürtel gehalten wird, fällt er nicht immer wie gewünscht, aber er trägt sich trotzdem gut. Später ergänzte ich den Überzug um unsichtbare Haken, damit er etwas stabiler lag. Zudem ist dieses Kleid das einzige ohne dazu passende Mütze.
Im Rahmen dieses Kleides entstand noch ein blauer Mantel mit einer ergänzenden Gurgel, die nun auch mit anderen blauen Outfits verwendet werden können.
Ich trug dieses Kleid, als ich in die Lilli-Jahn-Schule zu einer Lesung (2019) eingeladen worden war. Sie hatten dort eine Projektwoche über Bücher.
„Rosen“ (2020)
Dieses Gewand entstand durch das Finden des Rosenstoffes, der für die Jacke verwendet wurde, und entwickelte sich überaus prozesshaft. So sollte der helle Überwurf eigentlich eine zusätzliche, mittlere Bahn haben, aber das sah nicht gut aus. Und bei der Jacke war so unklar, welche Seite außen sein soll, dass eine Wendejacke entstand.
Das Motiv der Rose findet sich in diesem Esamble wiederholt in der Jacke, dem Kragen und den Knöpfen der hellen Seite.
„Weißer Schwalbenschwanz“ (2021)
Die weiße Jacke hat leichte Ornamente, die sich dezent vom weichen Leinenunterkleid abheben. Durch die leichten Stoffe ist dieses Kleid sehr sommerlich und gut für heißere Tage geeignet. Die Schnürung der Jacke macht das Anziehen etwas umständlich, aber wirkt durch die längeren Seiten sehr hübsch.
Ich hatte es schon mal bei einer anderen Märchengewandung versucht, die entsprechenden Gesichtspunkte dieses Outfits zu treffen: Hell, sommerlich, Schwalbenschwanzjacke. Aber dieses Set scheint mit gelungener.
„blaues Kleid“ (2023)
Eher breit und locker geschnitten eignet sich dieses Kleid für wärmere Tage. Das schimmernde Oberkleid hebt sich wertig vom Musselin-Unterkleid ab. Und Knöpfe mit Perlmuttköpfen an den Ärmeln, dem Gürtel und dem Verschluss des Überwurfes.
Ich fand ein interessantes Wickelkleid-Schnittmuster, das ich ausprobieren wollte. Dazu eignete sich der Oberstoff sehr gut und dann folgte das dazu passende Unterkleid aus Musselin. Ich habe diesen Entwurf häufiger verändert und Stoffe miteinander getauscht, weil ich nicht immer so zufrieden war.
„Komplimentär Kleid“ (2023)
Eine vielschichtige Gewandung mit einer zusätzlichen Kombinationsmöglichkeit. Anfangs sollte dieses Outfit gar nicht so komplex werden. Aber nach und nach entwickelte es sich weiter. Die langen Ärmel des Unterkleides verfügen über ornamenthafte Metallmanschetten, die den Ärmeln ein besonderen Puff verleihen.
Der ursprüngliche Stoff war eine alte Gardine aus einem Secondhandladen (aus dem auch ein Ballkleid entstanden ist). Den dazu passenden Unterstoff zu finden, war extrem schwer und letztlich war der einzig farblich passende ein sehr schwerer, fester Stoff, der nun das Unterkleid bildet. Und da das grüne Kunstleder so gut passte, hat dieses Kleid nun eine zusätzliche Corsage.
Eine weitere Besonderheit ist die rote Schicht, die bei Bedarf dazu genommen werden kann. Sie besteht aus einer gefärbten Tischdecke und verfügt über Stickereien, die das Versäumen der Ränder überflüssig gemacht haben. Dadurch entstand ein gewellter Abschluss an den unteren Kanten, die eine verspielte Leichtigkeit vermitteln. Eigentlich hätte der Komplimentärkontrast von Grün und Rot auch gut funktionieren und an eine Rose erinnern sollen. Aber dieser Effekt scheint weniger reizvoll, als zunächst gedacht, weshalb das Kleid eher als grün-baiges Kleid funktioniert.
„grüne Spitze“ (2020)
Ursprünglich war dieses Esamble für eine alte Jacke von 2013 gedacht und sollte darauf aufbauen. Dann ergab sich aber doch, dass eine eigene Jacke gefertigt wurde, die ähnliche Designmerkmale hat, aber besser zu diesem Gewand passt.
Das frische Grün in Kombination mit dem Baige und der Spitze soll einen frühlingshaften, unbeschwerten Eindruck erzeugen.
„Peach“ (2019)
Auch dieses Kleid hat den weichen, braunen Unterstoff, den auch zwei der anderen Gewänder haben. Dieses Mal ist es ein kurzärmliger Schnitt, der die Unterarme frei lässt.
Der grüne Stoff verfügt über eine sehr weiche Oberfläche, die an die Haut eines Pfirsichs erinnert (daher der Spitzname). Das Design entwickelte sich sehr prozesshaft. Ich wollte mich nicht wiederholen und so entstand etwas sehr asymetrisches.
Hier eine kleine Sammlung, um einen Eindruck zu bekommen, wie die Kleider am lebenden Körper aussehen:
2 Antworten auf „„Märchengewandungen““